Die NAB Show in Las Vegas – einmal im Leben sollte man dann doch da gewesen sein.
Gesagt, gebucht, geflogen, getan, geschaut, gefreut, geschrieben.
Die NAB Show ist die bekannteste Messe rund um Broadcast/Film/Equipment/Solutions auf diesem Planeten und ein guter Grund sich in die Wüste Nevadas aufzumachen.
NAB steht dabei für National Association of Broadcasters und das Motto lautet “Where content comes to life“.
Las Vegas macht es einem leicht, bei 42 Grad Aussentemperatur verzieht man sich gerne in die klimatisierten Messehallen oder in eines der Spielkasinos.
Aber bereits wenn man sich dem Las Vegas Convention Center annähert wird klar – einer der prominentesten Aussteller auf der diesjährigen Show ist Blackmagic.

Die Australier mausern sich zum ernstzunehmenden Player im Kamerageschäft. Spätestens die erfolgreiche Einführung der URSA mini Pro hat dies endgültig gezeigt.
Der Messestand, einer der größten und bestbesuchten auf der NAB, unterstreicht das.
The all new Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K
Lange wurde sie erwartet, auf der NAB endlich allen präsentiert.
Die neue BMPCC ist da. In 4K.
BlackMagic Pocket Cinema Camera 4K. Langer Name für eine kleine Kamera die es aber in sich hat.

Mit der neuen Pocket 4K ist BM ein echter Coup gelungen.
Die interne Aufzeichnung in 4K RAW und vernünftige Anschlüsse wie ein mini XLR Eingang für den Ton, der bei Bedarf auch 48V Phantomspeisung liefert, gehören ebenso zur Pocket 4K wie ein 5 Zoll grosses, sehr gutes HD Display und ein vollwertiger HDMI Ausgang.
Ausserdem hat BM der Pocket noch einen Stereo 3.5mm Klinkeneingang und eine 12V Buchse für eine externe Stromversorgung mitgegeben.

Die Kamera liegt sehr gut in der Hand, alle wichtigen Bedienelemente, darunter Menue, HighFrameRate, Fokus, Blende, Rec sind sehr gut erreichbar.
Bei den ausgestellten Pockets handelte es sich noch um Vorserienmodelle mit Alu Chassi – in der Serie verfügt die Pocket über ein Carbongehäuse.
Dieses wird noch einmal ca. 100 Gramm leichter sein als das Vorserienmodell.

Die Pocket verfügt über einen aktiven Micro Four Third, kurz MFT, Objektivmount.
Aktiv, weil die BM Pocket damit die Blendensteuerung und den Autofokus aktuller MFT Optiken nutzen kann.
So sind zum Beispiel alle Optiken nutzbar, die auch an der GH4/5 verwendet werden. Natürlich wildert BM mit der neuen Kamera im bisher sehr erfolgreichen Markt der MFT Cams.
Platzhirsch Panasonic wird das sicher genau zur Kenntnis nehmen – müssen.

Der 4/3 Zoll Sensor ist laut BM sehr lichtempfindlich und verfügt über 4096×2160 Pixel. Die maximale ISO beträgt 6400.
It is all about Codec and 12 Bit
Klarer Vorteil der BMPCC 4K gegenüber der GH Serie von Panasonic ist die grosse Auswahl an professionellen Codecs.
Die Pocket kann sogar in 12 Bit CinemaDNG RAW intern aufzeichnen und ist damit die ideale Einsteigerkamera für einen echten HDR Workflow.
Um wirklich vernünftige HDR Projekte für Dolby Vision zu realisieren ist eine Kamera mit min. 10 Bit Aufzeichnung und ProRES 4444 Codec nötig. Noch besser ist natürlich die Aufzeichnung in RAW.
Beides stemmt die BMPCC 4K mit links.
Um beim Dreh ein Gefühl für das spätere HDR Material zu bekommen werden mit der Pocket 4K neue LUTs ausgeliefert, darunter ein 2020 Hybrid Log Gamma LUT.
Überhaupt einige Worte zur Aufzeichnung, die schafft die Pocket in 4K mit maximal 60 Bildern pro Sekunde. Alternativ kann sie auch in FullHD aufnehmen, dann mit 120 fps, eine Slomo Funktion fehlt.
Neben CinemaDNG RAW, CinemaDNG RAW 3:1/4:1 kann auch in Apple ProRES 422 HQ und darunter aufgezeichnet werden.
Der Dynamikumfang in RAW oder im Filmmodus beträgt 13 Blenden.
Als Speichermedium kann zwischen CFast 2.0 (für RAW) und SD Card, dank eines USB 3.1 Anschlusses sogar eine externe HDD gewählt werden.

Auch bemerkenswert, bei den Akkus geht BM keinen eigenen Weg, sondern setzt auf die verbreitete Canon LP Serie. Daneben kann die Kamera auch über den 12V IN und den USB 3.1 Anschluss mit Energie versorgt werden.
Ausserdem hat die Pocket 4K ein Tally und einen Selfie Auslöser.
Wo so viel Licht scheint, da ist der Schatten nicht weit.
Eigentlich sind es nur zwei Dinge, die Pocket besitzt keine ND Filter, dies ist sicher auch der Baugröße geschuldet und – was ich wirklich schade finde – das 5″ HD Display ist fix verbaut.
Es lässt sich nicht herausklappen. Das, so BM ist ein Tribut an den Preis.
Mechanik kostet eben.
Dafür hat die Kamera auch auf der Oberseite eine Gewindebohrung, ideal für einen kleinen Monitor auf MagicArm wie den Video Assist oder einen Sucher.

Die Pocket wird es ab Juli 2018 für 1295 Dollar zu kaufen geben.
Aus meiner Sicht ein Schnäppchen, trotz des fix verbauten Displays.
Dank der Codecs und des MFT Mounts auch eine Alternative zur GH Serie von Panasonic und das ohne externen Atomos Recorder.
Dass BM noch Resolve Version 15 auf der Messe präsentierte wurde dank der Pocket fast zum Nebenthema.
Was noch?
So interessant die Pocket für uns Kameraleute ist, es gab natürlich noch mehr auf der NAB zu sehen.
It is all about Content könnte man sagen. Darunter natürlich auch die Frage wie bringt man ihn zum User. IT/IP (Broadcast 3.0) war allgegenwärtig, Big Data spielt jetzt bei den Broadcastern eine immer grössere Rolle.
BigData und IP

Und damit die Möglichkeit bis ins letzte Fitzelchen Geld mit Content zu verdienen. Folgt klassisches Fernsehen dem Giesskannenprinzip, so kann über eine Verbreitung via Internet in Verbindung mit BigData jeder User individualisert angesprochen, will meinen umworben, werden.
Wenn also 100.000 Menschen einen Film gleichzeitig über IP anschauen, dann kann theoretisch jeder einen auf sein Konsumverhalten passenden Werbespot nebenbei gezeigt bekommen.
What a wonderful world.
Und als kleine Pause beim Lesen, hier einige Impressionen von der NAB Show. Gedreht mit der Sony Alpha 6500.
…. und weiter im Text:
Passend dazu spielte natürlich das Thema Watermark ebenfalls eine grosse Rolle auf der NAB – denn der Content soll bestmöglich vor Raubkopierern geschützt werden auf dem Weg zum Konsumenten.
Da wundert es kaum, dass Google und Facebook ebenfalls auf der Messe präsent waren.

Immer wichtiger, wenn es darum geht Content an den Mann oder die Frau zu bringen wird vimeo. Der Videodienst bietet jetzt auch die Möglichkeit bei ihm gehostete Filme direkt in Facebook und YouTube zu spiegeln.
Displays – weggeblendet
Gerade aus Asien kamen sehr viele Hersteller grosser, überbrillianter Displays. Da taten einem schon fast die Augen weh bei diesem Wettlauf um Kontrast und Brillianz.
Den Größen und Formen scheinen dabei kaum Grenzen gesetzt.
8K – Das K steht für Kommt

Ebenfalls aus Asien kommen die führenden 8K Lösungen. Ikegami preschte bei den Kameras mal vor und Sharp zeigte 8k Kameras und Monitore. Zu sehen waren Aufnahmen die mit einem 8K Endoskop gemacht wurden.
Das war beeindruckend und ich dachte spontan an “8K kann Leben retten”, da der Arzt ein absolut messerscharfes Bild bekommt.

Aber nicht nur im OP spielt 8k eine Rolle, Japan wird im Dezember 2018 mit der 8K TV Ausstrahlung beginnen. Auf der NAB hatte man Gelegenheit in einem 8K Cinema erste Blicke auf japanische 8K HDR Produktionen zu werfen. Unter uns, es haut einen weg.
Die Qualität ist atemberaubend, darunter war eine Aufzeichnung eines Ballets, man hatte wirklich das Gefühl (bei entsprechender Einstellungsgrösse) im Theater zu sitzen. Natürlich war auch der Ton entsprechend.
Making of Inhalt
Zahlreiche Greenboxen und virtuelle Studios waren über die Messe verteilt, viele robotergesteuerte Kameras und ohne Gimbal geht heute scheinbar nichts mehr.
Der Trend geht zum HighTech für HighTech Produktionen. Es wird automatisiert wo es nur möglich ist.
Irgendwann werden die Moderatoren durch Avatare ersetzt – erste Modelle waren zu erahnen.
All in One

Die Kamera wird zur Sendeeinheit, zum Ü Wagen. JVC präsentierte mit der Connected Cam eine Lösung für alle Broadcaster die immer und überall Live sein wollen.
Und auf der anderen Seite, beim Zuschauer gab es erste AR Anwendungen aus, wieder einmal, Asien.
Eine iPad Anwendung die zum TV Bild live Informationen einblendet. Einfach mit dem Pad den Fernseher anvisieren und die Infos werden eingeblendet.

Rundumblick für alle
VR – Virtual reality nahm ebenfalls einen grossen Raum in der Diskussion ein – ich würde sagen es wurde bewusst gepusht. Das liegt sicher auch daran, dass Samsung als VR Hauptakt genug Geld und Marktmacht ins Spiel bringt.
So soll VR endlich den Durchbruch schaffen. Hardwarehersteller gibt es genügend – die Geschichten für VR Filme müssen aber erst geschrieben werden, darüber war man sich einig.

Kurzum es fehlt der Killercontent der die Zuschauer ins VR treibt. Einzige Ausnahme ist aktuell der Spielemarkt.

Und in der Architektur spielt VR schon heute eine grosse Rolle. Für die Innenansicht von Gebäuden zum Beispiel eignet sich VR hervorragend. Und VR ist gerade für diese Anwendung auch ohne Brille gut nutzbar. YouTube warb auf der NAB mit “YouTube is VR” gezielt dafür.
Präsentiert wurde aber auch der VR CouchPotatoe.
Platz nehmen, Brille auf und los geht es. Passend zum Film bewegt sich auch das Möbel.

Show must go on
Neben zahlreichen Produkten, darunter Kameras, Optiken, Grip, Licht bis hin zu Produktionsfahrzeugen die hier alle nicht aufgeführt werden können sind es natürlich die Vorführungen zu unterschiedlichsten Themen, die den Reiz einer solchen Messe ausmachen.

Und wie jede Branche hat auch die Filmbranche ihre Stars, wie den Filmemacher Philip Bloom, der die Vorzüge der Fujinon Cinema Zooms einem eifrig lauschenden Publikum erläuterte.
Viele der Vorträge wurden auch im eigens eingerichteten NAB Live Studio übertragen.
Die Qualität der Vorträge – ich habe einige angehört – ist sehr hochwertig.
Die Leute kommen aus der Praxis, das merkt man einfach.
Wer Geld ausgibt, der bekommt noch mehr auf die Ohren, denn gerade die besten Vorträge kosten extra.

Aufhören möchte ich diesen kurzen Einblick in die NAB mit einem schönen Stückchen Hardware.
Einem Bild der Sigma 18-35mm T2 Cinema Lens.
Ganz ohne Strom, ohne Software – einfach nur ein feines Glas in einem edlen Gehäuse.
Montiert ist die Sigma an einer RED Dragon.
RED – das sei nicht unerwähnt – hatte wie Apple auf der NAB keinen eigenen Stand.
Das ist auch ein Signal, denn die Vermarktung und Verbreitung von produziertem Content nimmt auf der Messe ohnehin mehr Fläche ein als die Produktion.