NAB Show 2018 – it’s magic

 

Viva las Vegas

Die NAB Show in Las Vegas – einmal im Leben sollte man dann doch da gewesen sein.
Gesagt, gebucht, geflogen, getan, geschaut, gefreut, geschrieben.

Die NAB Show ist die bekannteste Messe rund um Broadcast/Film/Equipment/Solutions auf diesem Planeten und ein guter Grund sich in die Wüste Nevadas aufzumachen.
NAB steht dabei für National Association of Broadcasters und das Motto lautet “Where content comes to life“.

Las Vegas macht es einem leicht, bei 42 Grad Aussentemperatur verzieht man sich gerne in die klimatisierten Messehallen oder in eines der Spielkasinos.
Aber bereits wenn man sich dem Las Vegas Convention Center annähert wird klar – einer der prominentesten Aussteller auf der diesjährigen Show ist Blackmagic.

Blackmagic Werbung ist omnipräsent auch ausserhalb der Messe

Die Australier mausern sich zum ernstzunehmenden Player im Kamerageschäft. Spätestens die erfolgreiche Einführung der URSA mini Pro hat dies endgültig gezeigt.
Der Messestand, einer der größten und bestbesuchten auf der NAB, unterstreicht das.

The all new Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K

Lange wurde sie erwartet, auf der NAB endlich allen präsentiert.
Die neue BMPCC ist da. In 4K.
BlackMagic Pocket Cinema Camera 4K. Langer Name für eine kleine Kamera die es aber in sich hat.

Die neue BMPCC 4K war im Mittelpunkt des Interesses auf dem Blackmagic Booth.

Mit der neuen Pocket 4K ist BM ein echter Coup gelungen.
Die interne Aufzeichnung in 4K RAW und vernünftige Anschlüsse wie ein mini XLR Eingang für den Ton, der bei Bedarf auch 48V Phantomspeisung liefert, gehören ebenso zur Pocket 4K wie ein 5 Zoll grosses, sehr gutes HD Display und ein vollwertiger HDMI Ausgang.
Ausserdem hat BM der Pocket noch einen Stereo 3.5mm Klinkeneingang und eine 12V Buchse für eine externe Stromversorgung mitgegeben.

5 Zoll 1920×1080 Pixel Display, HDMI out und XLR IN

Die Kamera liegt sehr gut in der Hand, alle wichtigen Bedienelemente, darunter Menue, HighFrameRate, Fokus, Blende, Rec sind sehr gut erreichbar.
Bei den ausgestellten Pockets handelte es sich noch um Vorserienmodelle mit Alu Chassi – in der Serie verfügt die Pocket über ein Carbongehäuse.
Dieses wird noch einmal ca. 100 Gramm leichter sein als das Vorserienmodell.

Handschmeichler

Die Pocket verfügt über einen aktiven Micro Four Third, kurz MFT, Objektivmount.
Aktiv, weil die BM Pocket damit die Blendensteuerung und den Autofokus aktuller MFT Optiken nutzen kann.
So sind zum Beispiel alle Optiken nutzbar, die auch an der GH4/5 verwendet werden. Natürlich wildert BM mit der neuen Kamera im bisher sehr erfolgreichen Markt der MFT Cams.
Platzhirsch Panasonic wird das sicher genau zur Kenntnis nehmen – müssen.

Dank MFT Mount lassen sich zahlreiche Optiken an der BMPCC 4K nutzen

Der 4/3 Zoll Sensor ist laut BM sehr lichtempfindlich und verfügt über 4096×2160 Pixel. Die maximale ISO beträgt 6400.

It is all about Codec and 12 Bit

Klarer Vorteil der BMPCC 4K gegenüber der GH Serie von Panasonic ist die grosse Auswahl an professionellen Codecs.
Die Pocket kann sogar in 12 Bit CinemaDNG RAW intern aufzeichnen und ist damit die ideale Einsteigerkamera für einen echten HDR Workflow.
Um wirklich vernünftige HDR Projekte für Dolby Vision zu realisieren ist eine Kamera mit min. 10 Bit Aufzeichnung und ProRES 4444 Codec nötig. Noch besser ist natürlich die Aufzeichnung in RAW.
Beides stemmt die BMPCC 4K mit links.
Um beim Dreh ein Gefühl für das spätere HDR Material zu bekommen werden mit der Pocket 4K neue LUTs ausgeliefert, darunter ein 2020 Hybrid Log Gamma LUT.

Überhaupt einige Worte zur Aufzeichnung, die schafft die Pocket in 4K mit maximal 60 Bildern pro Sekunde. Alternativ kann sie auch in FullHD aufnehmen, dann mit 120 fps, eine Slomo Funktion fehlt.
Neben CinemaDNG RAW, CinemaDNG RAW 3:1/4:1 kann auch in Apple ProRES 422 HQ und darunter aufgezeichnet werden.
Der Dynamikumfang in RAW oder im Filmmodus beträgt 13 Blenden.

Als Speichermedium kann zwischen CFast 2.0 (für RAW) und SD Card, dank eines USB 3.1 Anschlusses sogar eine externe HDD gewählt werden.

Drehen von HDR geeigneten Content ist mit der Pocket kein Problem, dank RAW und 12 Bit

Auch bemerkenswert, bei den Akkus geht BM keinen eigenen Weg, sondern setzt auf die verbreitete Canon LP Serie. Daneben kann die Kamera auch über den 12V IN und den USB 3.1 Anschluss mit Energie versorgt werden.
Ausserdem hat die Pocket 4K ein Tally und einen Selfie Auslöser.

Wo so viel Licht scheint, da ist der Schatten nicht weit.
Eigentlich sind es nur zwei Dinge, die Pocket besitzt keine ND Filter, dies ist sicher auch der Baugröße geschuldet und – was ich wirklich schade finde – das 5″ HD Display ist fix verbaut.
Es lässt sich nicht herausklappen. Das, so BM ist ein Tribut an den Preis.
Mechanik kostet eben.
Dafür hat die Kamera auch auf der Oberseite eine Gewindebohrung, ideal für einen kleinen Monitor auf MagicArm wie den Video Assist oder einen Sucher.

Zefixes Display der Blackmagic Pocket Cinema Camera 4K.

Die Pocket wird es ab Juli 2018 für 1295 Dollar zu kaufen geben.
Aus meiner Sicht ein Schnäppchen, trotz des fix verbauten Displays.
Dank der Codecs und des MFT Mounts auch eine Alternative zur GH Serie von Panasonic und das ohne externen Atomos Recorder.
Dass BM noch Resolve Version 15 auf der Messe präsentierte wurde dank der Pocket fast zum Nebenthema.

Was noch?

So interessant die Pocket für uns Kameraleute ist, es gab natürlich noch mehr auf der NAB zu sehen.
It is all about Content könnte man sagen. Darunter natürlich auch die Frage wie bringt man ihn zum User. IT/IP (Broadcast 3.0) war allgegenwärtig, Big Data spielt jetzt bei den Broadcastern eine immer grössere Rolle.

BigData und IP

Deine Daten, meine Daten

Und damit die Möglichkeit bis ins letzte Fitzelchen Geld mit Content zu verdienen. Folgt klassisches Fernsehen dem Giesskannenprinzip, so kann über eine Verbreitung via Internet in Verbindung mit BigData jeder User individualisert angesprochen, will meinen umworben, werden.

Wenn also 100.000 Menschen einen Film gleichzeitig über IP anschauen, dann kann theoretisch jeder einen auf sein Konsumverhalten passenden Werbespot nebenbei gezeigt bekommen.
What a wonderful world.

Und als kleine Pause beim Lesen, hier einige Impressionen von der NAB Show. Gedreht mit der Sony Alpha 6500.

…. und weiter im Text:

Passend dazu spielte natürlich das Thema Watermark ebenfalls eine grosse Rolle auf der NAB – denn der Content soll bestmöglich vor Raubkopierern geschützt werden auf dem Weg zum Konsumenten.

Da wundert es kaum, dass Google und Facebook ebenfalls auf der Messe präsent waren.

Wenn es um User Daten geht, dann dürfen FB und Google natürlich nicht fehlen.

Immer wichtiger, wenn es darum geht Content an den Mann oder die Frau zu bringen wird vimeo. Der Videodienst bietet jetzt auch die Möglichkeit bei ihm gehostete Filme direkt in Facebook und YouTube zu spiegeln.

Displays – weggeblendet

Gerade aus Asien kamen sehr viele Hersteller grosser, überbrillianter Displays. Da taten einem schon fast die Augen weh bei diesem Wettlauf um Kontrast und Brillianz.

Den Größen und Formen scheinen dabei kaum Grenzen gesetzt.

8K – Das K steht für Kommt

Keine Frage ob, eher wann, 8K kommt.

Ebenfalls aus Asien kommen die führenden 8K Lösungen. Ikegami preschte bei den Kameras mal vor und Sharp zeigte 8k Kameras und Monitore. Zu sehen waren Aufnahmen die mit einem 8K Endoskop gemacht wurden.
Das war beeindruckend und ich dachte spontan an “8K kann Leben retten”, da der Arzt ein absolut messerscharfes Bild bekommt.

8K bei der Endoskopie – aktuell nur in Japan

Aber nicht nur im OP spielt 8k eine Rolle, Japan wird im Dezember 2018 mit der 8K TV Ausstrahlung beginnen. Auf der NAB hatte man Gelegenheit in einem 8K Cinema erste Blicke auf japanische 8K HDR Produktionen zu werfen. Unter uns, es haut einen weg.
Die Qualität ist atemberaubend, darunter war eine Aufzeichnung eines Ballets, man hatte wirklich das Gefühl (bei entsprechender Einstellungsgrösse) im Theater zu sitzen. Natürlich war auch der Ton entsprechend.

Making of Inhalt

Zahlreiche Greenboxen und virtuelle Studios waren über die Messe verteilt, viele robotergesteuerte Kameras und ohne Gimbal geht heute scheinbar nichts mehr.

Der Trend geht zum HighTech für HighTech Produktionen. Es wird automatisiert wo es nur möglich ist.
Irgendwann werden die Moderatoren durch Avatare ersetzt – erste Modelle waren zu erahnen.

All in One

Der Ü-Wagen in der Cam

Die Kamera wird zur Sendeeinheit, zum Ü Wagen. JVC präsentierte mit der Connected Cam eine Lösung für alle Broadcaster die immer und überall Live sein wollen.
Und auf der anderen Seite, beim Zuschauer gab es erste AR Anwendungen aus, wieder einmal, Asien.
Eine iPad Anwendung die zum TV Bild live Informationen einblendet. Einfach mit dem Pad den Fernseher anvisieren und die Infos werden eingeblendet.

Zusatzinfo (leicht zeitverzögert, daher der Bildunterschied TV/Pad) aufs iPad dank AR

Rundumblick für alle

VR – Virtual reality nahm ebenfalls einen grossen Raum in der Diskussion ein – ich würde sagen es wurde bewusst gepusht. Das liegt sicher auch daran, dass Samsung als VR Hauptakt genug Geld und Marktmacht ins Spiel bringt.

 

So soll VR endlich den Durchbruch schaffen. Hardwarehersteller gibt es genügend – die Geschichten für VR Filme müssen aber erst geschrieben werden, darüber war man sich einig.

VR Kamera von Samsung

Kurzum es fehlt der Killercontent der die Zuschauer ins VR treibt. Einzige Ausnahme ist aktuell der Spielemarkt.

VR Spieler unterwegs in seiner Welt

Und in der Architektur spielt VR schon heute eine grosse Rolle. Für die Innenansicht von Gebäuden zum Beispiel eignet sich VR hervorragend. Und VR ist gerade für diese Anwendung auch ohne Brille gut nutzbar. YouTube warb auf der NAB mit “YouTube is VR” gezielt dafür.
Präsentiert wurde aber auch der VR CouchPotatoe.
Platz nehmen, Brille auf und los geht es. Passend zum Film bewegt sich auch das Möbel.

Die Chips muss man noch selbst essen, sonst ist alles automatisiert.

Show must go on

Neben zahlreichen Produkten, darunter Kameras, Optiken, Grip, Licht bis hin zu Produktionsfahrzeugen die hier alle nicht aufgeführt werden können sind es natürlich die Vorführungen zu unterschiedlichsten Themen, die den Reiz einer solchen Messe ausmachen.

Wenn Bloom spricht braucht man sich um mangelndes Interesse keine Gedanken machen

Und wie jede Branche hat auch die Filmbranche ihre Stars, wie den Filmemacher Philip Bloom, der die Vorzüge der Fujinon Cinema Zooms einem eifrig lauschenden Publikum erläuterte.

Viele der Vorträge wurden auch im eigens eingerichteten NAB Live Studio übertragen.
Die Qualität der Vorträge – ich habe einige angehört – ist sehr hochwertig.
Die Leute kommen aus der Praxis, das merkt man einfach.
Wer Geld ausgibt, der bekommt noch mehr auf die Ohren, denn gerade die besten Vorträge kosten extra.

NAB Live Studio – kurz vor Lunchtime

Aufhören möchte ich diesen kurzen Einblick in die NAB mit einem schönen Stückchen Hardware.
Einem Bild der Sigma 18-35mm T2 Cinema Lens.
Ganz ohne Strom, ohne Software – einfach nur ein feines Glas in einem edlen Gehäuse.
Montiert ist die Sigma an einer RED Dragon.
RED – das sei nicht unerwähnt – hatte wie Apple auf der NAB keinen eigenen Stand.
Das ist auch ein Signal, denn die Vermarktung und Verbreitung von produziertem Content nimmt auf der Messe ohnehin mehr Fläche ein als die Produktion.

URSA mini 4K EF – Teil 2. Drehfertig machen.


EB Kamera, die: Kamera die man aus der Tasche nimmt, Akku dran, Medium rein und losdrehen. Für Drehs jeglicher Couleur – man weiss nicht was einen erwartet.


Und damit geht zu Teil 2 der URSA mini 4K Zwischenbilanz.

URSA mini – die Filmkamera

Beworben wird die URSA mini von Blackmagic als handgehaltene Super-35mm Filmkamera.
Stolz ist man auf den hohen Dynamikumfang, vorallem bei der 4.6K Version mit 15 Blenden (die auch irgendwann mal ausgeliefert wird) und dann kommts:
…. damit ist sie wie gemacht für anspruchsvollste Highend-Filme, Fernsehshows, Musikvideos und Werbespots.
nochmal:
…. damit ist sie wie gemacht für anspruchsvollste Highend-Filme, Fernsehshows, Musikvideos und Werbespots.

Da steht leider nichts von aktueller Berichterstattung oder schnellschnell. Aber taugt sie trotzdem für den Drehalltag im aktuellen Bereich?

Eine Kamera besteht aus mehreren Komponenten.
Dem Body mit dem Chip samt Elektronik und der Speichereinheit, die Toneinheit, der Sucher, dann das Objektiv und letztendlich das Batteriesystem, das die Kiste am laufen hält.
Klassische EB Kameras sind zum Beispiel:

 

Allen EB Kameras gemein ist ein Zoomobjektiv, XLR Mikrofoneingänge, Wechselmedien und ein Ausgangssignal für einen Kontrollmonitor.
Daneben besitzen sie zuschaltbare ND Filter um schnell auf extreme Lichtveränderungen zu reagieren und eine Anzahl von Schaltern mit denen der Kameramann einfach die Farbtemperatur, den Audiopegel oder die Gainwerte wechseln kann.
Denn bei EB weiss man nie was einen erwartet.
Ausserdem wandert das Material von der Kamera sehr häufig direkt in den finalen Schnitt.

 

ebler

 

Hinzu kommt ein mehr oder weniger aufwändiges Menu um Parameter in der Cam zu modifizieren, im einfachsten Falle um von PAL auf NTSC umzuschalten und wieder zurück.


 

Und jetzt kommt die URSA mini 4K

Der erste Aufschrei war ja gleich nach der Vorstellung zu vernehmen:
DIE HAT KEINE EINGEBAUTEN ND FILTER, MIT DER KANN MAN NICHT DREHEN!!!

Aber es kommt noch schlimmer meine lieben EB Kamerafreunde.

 

kinderpopo

Die URSA mini wirkt, als hätte jemand Anti Falten Creme über den Body ausgekippt – das Teil ist glatt und frei von Tastern und Schaltern. Zumindest an drei Seiten.
Auf der dem Kameramann zugewandten Seite findet man dann doch einige Tasten.
Acht sitzen auf dem Displayrücken und wenn man den 5 Zoll Monitor aufklappt, finden sich nochmals zehn. Unter ihnen der Ein/Ausschalter und der Menu Button.

Schauen wir uns mal den die Taster auf dem Display an, also jene, auf die der Kameramann bei eingeklapptem 5″ Monitor zugreifen kann, wenn er sich etwas verrenkt.

 

taster display

 

  • REC – startet und stoppt die Aufnahme.
  • IRIS – Blendensteuerung ein bei EF kompatiblen Optiken an der URSA mini
  • FOCUS – Autofocus ein/aus bei EF Objektiven mit Autofocus
  • BACKWARD – ein aufgenommener Clip zurück, bei IRIS aktiv eine Blendenstufe nach unten
  • PLAY – aufgenommenes Material starten
  • FORWARD – ein aufgenommener Clip vor, bei IRIS aktiv eine Blendenstufe nach oben
  • F1 – Funktionstaste, aktuell mit PGM (Program) belegt (wird in einer späteren Softwareversion frei belegbar sein, sagt BM)
  • F2 – Funktionstaste (wird in einer späteren Softwareversion frei belegbar sein, sagt BM)

Die kleine Aussparung rechts von der F2 Taste ist ein Status LED.
Es leuchtet grün bei eingeschalteter Kamera und rot bei der laufenden Aufnahme. Die LED kann im Menu deaktiviert werden.

Und hier die Schalter die sich hinter dem Display verbergen:

Die beiden Audioregler oben erinnern an eine EB Kamera, die zehn Tasten darunter sprechen für sich. F1 und F2 sind durch Peak und Program ersetzt.
Mehr Bedientasten gibt es nicht am Body. Keep it simple. Aber so simple?



URSA mini drehfertig bekommen – erste kleine Schritte.

Objektiv drauf, Sucher dran, Akku hin und Speicherkarte rein – lets roll.

Ein paar Einstellungen an der Cam braucht es dann doch noch.

Da die Funktionstasten an der Cam sehr übersichtlich gehalten sind laufen alle Einstellungen an der URSA mini über das angenehm schlank gehaltene Menu im 5″ Touchdisplay.
Um an den Einschaltknopf zu gelangen muss man das Display ohnehin aufklappen.
Nach wenigen Sekunden ist die Kamera betriebsbereit. Eine PDW oder FS100 ist nicht schneller hochgefahren.
Direkt über dem Einschalter ist die Taste MENU, diese drücken.

Menu URSA

Auf dem Monitor erscheint das Hauptmenu. Der Monitor ist ein Touchscreen. Im Arbeitsalltag ist der daher sehr schnell voller Fingerabdrücke. Der Touchscreen ist sehr empfindlich, schnell verstellt man Parameter wenn der Finger suchend über die Menus wischt.
Ich spare mir jetzt eine Erklärung des gesamten Menus, da ein Firmware Update angekündigt ist.
Das bringt eine komplett neue Oberfläche. Aber auf ein paar Kleinigkeiten gehe ich ein.
Alle wichtigen Werte für Kamera, Ton, Monitor und Aufnahme werden im Menu Settings eingestellt.

Diese Parameter stellt man vor Drehbeginn über das Softwaremenu unbedingt ein:

1. Das richtige Drehformat – 1080, i&p, 2160, 24, 25, 30, 50, 60, 120, FILM & VIDEO

Selbst in der konservativen TV-EB Welt ist das Produktionsformat mittlerweile HD 1080.
Die Frage ist dann nur ob I(nterlaced) oder P(rogressive) gewünscht und, falls man für ausländische Kunden dreht, PAL (25 Bilder/s) oder NTSC (30 Bilder/s)?

Zunächst eine richtig gute Nachricht, in UHD und 4K gibt es KEIN Interlaced mehr!
Gedreht wird immer in Vollbildern, also Progressive.
In HD macht die URSA mini das sogar mit bis zu 120 Bildern pro Sekunde.
UHD zeichnet sie mit bis zu 60 und Cinema RAW 4K mit bis zu 30 Bilder pro Sekunde auf.
Aber damit nicht genug – man kann jeder Bildgrösse und Framerate noch über ein halbes dutzend Codecs frei zuweisen. Der Codec legt fest, wie stark das Material komprimiert wird.

Faustformel (unbedingt mit dem Auftraggeber abklären):

  • ProRes 422 für Standarddreh, TV Beitrag
  • ProRes 422HQ für Image/Industrie/Doku
  • ProRes 444 (HQ) für Spielfilm
  • CinemaRAW für Werbung

Je besser der Codec, desto mehr Luft habe ich in der Post um aus dem Material das Beste herauszuholen, aber um so weniger Minuten Rohmaterial gehen auf eine Speicherkarte. (Siehe auch Teil1)

Daneben bietet die URSA mini 4K noch die Einstellung “Dynamic Range” mit den Werten FILM oder VIDEO.
VIDEO verwendet den REC709-Farbstandard für Video und es gilt WYSIWYG (What you see is what you get).

Stellt man auf FILM, wird das Material flach aufgezeichnet. Das Bild wirkt etwas flauer und farbloser, es hat aber mehr Informationen für ein späteres Grading. RAW kann nur in der Einstellung FILM aufgenommen werden.
Da kommen dann in der Postproduktion auch die so beliebten LUTs ins Spiel.

 

Ein LUT ist ein Look Up Table – ein fertiges Preset, das in der Software über das Bild gelegt wird und z.B. die Werte für Helligkeit, Saturation, Gamma, Farbkurven usw ändert um einen bestimmten Look zu erreichen.
Das pure Draufklatschen von LUTs ist noch kein Grading. Aber es kann der Beginn eines Gradings sein.
Denn wie man sieht, sind alle Beispiele oben noch zu dunkel.

An Dynamic Range FILM muss man sich herantasten – da das Material auch etwas anders belichtet wird.
Das Learning klappt ideal in Zusammenarbeit mit einer Postproduktion die über Davinci Resolve o.ä. verfügt.
Ein Dreh auf Dynamic Range FILM erfordert immer eine Nachbearbeitung um die Farben aus dem Material zu holen!

4 Reglen wann auf jeden Fall mit dem Setting VIDEO gedreht wird:

    1. Wenn der Kunde auf die Frage, wie denn seine Post aussieht, antwortet “Gelbe Autos mit DHL Schriftzug drauf”, -> setze Dynamic Range auf VIDEO.
    2. Für TV Kunden -> setze Dynamic Range auf VIDEO.
    3. Wenn das Material sofort in den Schnitt muss -> setze Dynamic Range auf VIDEO.
    4. “Ich habe keine Ahnung was ein LUT oder Davinci Resolve ist” -> setze Dynamic Range auf VIDEO.

Noch etwas, an was man erstmal kaum denkt, was aber logisch ist.

Da die URSA mini ja die wunderbare Möglichkeit bietet HD und UHD mit 50 Bildern/s zu drehen und damit der Ruckelschwenk Geschichte ist, sollte man das auch tun. (Auftraggeber vorher fragen)
Aber mehr Bilder verlangen auch mehr Licht. Wer Slomos macht kennt das.
Und sie verlangen mehr Speicherplatz. Bei 50 fps exakt doppelt soviel wie bei 25 fps.


2. Der Ton macht die Musik

Framerate, Bildgröße, Dynamic Range und Codec sind eingestellt, dann fehlt noch ein guter Ton.
Die URSA mini zeichnet den Ton auf 2 Audiospuren auf.
Sie verfügt über ein eingebautes Kameramikrofon mit Nierencharakteristik, das als Atmomikro wirklich ok ist.
Das Problem ist der Lüfter der URSA mini. Um RAW oder UHD Material mit hohen Frameraten in Echtzeit zu verarbeiten benötigt es ordentlich Rechenpower.
Und diese Power erzeugt Abwärme, daher läuft der Lüfter – auch beim Record. In einer wirklich leisen Umgebung fällt das auf.
Für den sauberen Ton gibt es zwei professionelle XLR Eingänge.

In der aktuellen Firmware Version kann der Kameramann sich nur für Audio IN via eingebautem Mikro oder extern XLR IN entscheiden. Es geht nicht, zum Beispiel Spur1 auf Kameramikro und Spur2 auf extern XLR Input zu stellen.
Auch kann man die Phantomspeisung nur für beide XLR Eingänge aktivieren. Am XLR Eingang 1 die Phantomspeisung ein und am XLR2 auszuschalten, das geht nicht.
Das ist wirklich ärgerlich und schränkt ein.

Schön wären bei einer kommenden Firmware die Unterstützung von vier frei konfigurierbaren Audiospuren.
ton

 

Aber arbeiten wir mit dem was da ist.

Im EB Alltag kommt an die XLR Eingänge ein Mischer und dann wird die Strecke gepegelt.
Das geht auch mit der URSA mini ganz gut. Den Pegel stellt man mit den beiden anschlagfreien Audioreglern ein.
Über das Menu kann man noch wählen, ob der Input XLR1 auf beide Kanäle aufgezeichnet werden soll oder ob 2 Quellen (XLR 1+2) auf 2 Audiospuren getrennt aufgenommen werden sollen.

 

pegel

 

Es gibt aussen an der URSA mini keine Audiopegelanzeige. Nur im Sucher oder auf dem Ausklappdisplay wird der Pegelausschlag eingeblendet. Der Tonassistent hat also keine Möglichkeit während der Aufnahme einen prüfenden Blick auf die Pegelstärke zu werfen. Natürlich kann man während der Aufnahme die Signalstärke an den URSA mini Audioreglern steuern.

Der Ton über die XLR Eingänge ist absolut sauber – sowohl vom Mischer (probiert mit AudioDevice 302) als Line Signal, als auch direkt vom Mikrofon.
Benutzt habe ich zum Test ein Sennheiser ME66 mit K6 Speiseadapter unter Phantomspeisung an der URSA mini 4k EF.

 

3. Weissabgleich und Lichtempfindlichkeit

Der Assistent hält ein weisses Blatt bereit und dann geht die Suche los – wo zefix ist dieser Schalter für den Weissabgleich?
Den gibt es nicht. Stichwort Kinderpopo.
Den Weissabgleich findet man im Settings/Camera Menu:

 

menu ursa

 

Hier muss der Weissabgleich in festgelegten Schritten manuell eingestellt werden.
Diese sind: 2500 K, 2800 K, 3000 K, 3200 K, 3400 K, 3600 K, 4000 K, 4500 K, 4800 K,5000 K, 5200 K, 5400 K, 5600 K, 6000 K, 6500 K, 7000 K, 7500 K und 8000 Kelvin.
Die URSA mini kann, zumindest mit der derzeitigen Firmware Version, keinen automatischen Weissabgleich.
Wer eine BMCC, BMPC4K oder eine Blackmagic Pocket hat, der kennt das bereits und die Welt ist davon noch nicht untergegangen.

Als erfahrener Kameramann sollte man in der Lage sein die Farbtemperatur zu schätzen – das Monitorbild hilft zumindest dabei, nicht komplett daneben zu liegen.
Man kann sich natürlich auch ein Messgerät zulegen.
Aber eigentlich ist das gar nicht so wichtig, wie sich später in Teil 3 zeigen wird.

Im Menu Camera finden sich noch zwei wichtige Einstellungen. ISO und Shutter Angle.

ISO kennt man vom Fotoapparat und steht für die Lichtempfindlichkeit. Je höher der ISO Wert, desto lichtempfindlicher ist die URSA mini. Als Werte bietet die 4K Version: 200 – 400 – 800.
Obacht: Fordert man beim Dreh “Licht, es werde Licht” weil das Motiv halt dunkel ist, dann ist natürlich naheliegend den ISO Wert auf 800 zu stellen. Aber da neigt die URSA mini zu teils heftigem Rauschen in dunklen Bildbereichen. Lieber bei 400 bleiben und ein Lämpchen holen – oder in der Post rausholen was geht.

Der Shutter Angle steht standardmässig auf 180 Grad. Je höher ich ihn stelle, desto mehr Licht kommt auf den Chip. Das kann aber auch Einfluss auf die Bildqualität und Bewegungsschärfe haben.
Ich habe mit der BMPC4K viele Dinge mit 360 Grad Shutter Angele gedreht und nie Probleme gehabt.
Allerdings waren das keine schnell bewegten Objekte.

Aber Sonne, Strand und Meer?
Wie geschrieben, einen zuschaltbaren ND Filter gibt es nicht.
Will man ein zuviel an Licht verhindern, dann bleibt nur ein aufschraubbarer ND Filter für die Optiken. Schicker ist noch ein Kompendium mit Filtern. Brauchen tut man das eine wie das andere.

 

filter

 

Bei den ND Filtern empfiehlt sich ein variabler ND Filter, damit lässt sich stufenlos das einfallende Licht regulieren.
Die Mitführung eines Satzes ND Filter (2/4/8) ist ein MUSS bei den Arbeiten mit der URSA mini.
Und damit kommen wir zur Optik.


4. Die Optik

Zu einer EB Mühle gehört eine Zoomoptik.
Damit ist man ohne Optikwechsel von der Totalen bis zur Nahen dabei.
Die URSA mini gibt es mit EF und mit PL Mount. Der EF wird auch salopp Canon Mount genannt.

Dank EF Kompatibilität funktionieren alle Objektive an der URSA mini 4K EF, die zum Beispiel auch an einer Canon C300 den Lichteinlass regeln.
Zu den beliebtesten gehört sicher die Canon EF 24-105mm f/4L IS USM.
Es ist nicht die lichtstärkste Optik, aber sie verfügt über einen guten Zoombereich, einen guten Antiwackler, Autofocus und ist mit knapp 1000 € schnell eingekauft.

 

 

Vorneweg – ich habe diese Optik an der URSA mini noch nicht oft eingesetzt. Warum?
Der Autofocus ist schnarchlahm, aber das ist das kleinste Übel, manuell geht eh besser.
Der Schärfenring hat weder Zahnkranz noch Anschlag. Mag ich nicht.
Wie alle modernen Foto-Optiken, so verfügt auch diese nicht mehr über eine manuelle Blende.
Die Blende wird von der Fotokamera elektronisch gesteuert.
Bei der URSA mini heisst das, den Taster IRIS am Displayrücken drücken und mit den FORWARD/BACKWARD Tasten die Blende schrittweise öffnen oder schliessen. Das geht natürlich nur in festen Schritte, also von 4 auf 5.6 auf 8 usw… Mag ich nicht.
Ich bin stufenlose, manuelle Blenden gewohnt.
Die ziehe ich beim Dreh mit dem kleinen Finger.
Das schönste an der Optik ist der Zoomverlauf von 24-105mm, man deckt doch einiges damit ab.
Aber, weil es eine Fotooptik ist sind weder Blende noch Schärfe über den gesamten Zoombereich konstant.

Analoge Festbrennweiten sind nur bedingt eine Alternative für das EB Geschäft.

 

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Zeiss, Schneider, Canon oder Walimex/Samyang sind da mit dabei.
Walimex, baugleich mit Samyang, bietet koreanische Qualität zu vertretbaren Preisen. Schön sind die Zahnkränze bei Blende und Focus.
Diese Blende ist stufenlos und ohne Tastengetippe bedienbar, einfach am Zahnkranz drehen.
Aber es sind eben Festbrennweiten, sogenannte Primes. Diese haben also keinen Zoombereich. So sind 24mm einfach 24mm, nicht mehr und nicht weniger.
Da kann das Set dann aus 18mm, 24mm, 35mm und 85mm bestehen, es deckt bei weitem nicht eine Zoomoptik ab.
Auf dem Markt gibt es natürlich einige manuelle Zoomobjektive aber die sind rar und sehr teuer.

Die Tokina Cinema ATX Serie ist da ein Lichtblick. Manuelle Zoomoptiken mit 11-16, 18-35 und 50-135 mm Brennweite. Die Optiken halten Blende und Schärfe über den gesamten Zoombereich. Haben für Schärfe, Zoom, Blende einen Zahnkranz und der Focus hat natürlich einen Anschlag.
Aber es sind doch drei Optiken statt einer mit zum Beispiel 18-135mm.

 

5. Fazit. EB oder was?

Also Auflösungen, Frameraten und Codecs lassen keine Wünsche offen.
Der Ton ist gut, die Aufteilung der Kanäle ist sicher gewöhnungsbedürftig, mit der Hoffnung, dass ein künftiges Softwareupdate mehr Spuren und eine freiere Belegung zulässt.
Aber die Optikwahl ist für mich der Hauptgrund um zur Aussage zu kommen:
Als EB Mühle taugt die URSA mini aktuell nicht.
Wenn ihr EB Drehs habt, bei denen es kein Problem ist, ein Köfferchen mit Optiken zur Hand zu haben und auch die Zeit, die zu wechseln, dann ok. Sonst nein. News nein.
Die URSA mini ist im szenischen Arbeiten angesiedelt. Ich kann sie mir auch gut im Dokumentarfilm vorstellen, wo man mit einer Tokina 18-35mm Optik gut am Geschehen bleiben kann.

Es gibt eine Möglichkeit das Optikproblem zu umgehen, mit der PL Version.
Für die URSA mini 4K PL Mount gibt es von Blackmagic einen B4 Adapter. Damit lassen sich Canon und Fujinon Broadcastoptiken an der URSA betreiben.
Ein Stromanschluss für die B4-Optik ist ebenfalls bei der PL Mount Version am Body vorhanden.

 

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Nachteil: Mit dieser Kombi kann nur in HD 1080 aufgezeichnet werden.

Die PL Version macht sicher Sinn, wenn man noch einige PL Mount Optiken im Schrank hat, mit denen kann man dann 4K oder UHD produzieren und fürs TV nimmt man B4 Adapter und Broadcastoptik und dreht auf HD.

 

Das war es mit Teil 2 – Drehfertig machen.

Stop!

SDI IN und Program Taster. Das soll ja noch erklärt werden.
Die URSA mini hat ein nettes Feature, das schon die grosse URSA mitbrachte. Die Kamera besitzt einen SDI IN, aber nicht um als Rekorder zu funktionieren.
Folgendes Szenario: Interview mit einem Zeitzeugen. URSA mini 1 ist klassisch als Interviewkamera aufgebaut. URSA mini 2 oder jede Kamera mit SDI out bietet eine 2te Perspektive an. Zum Beispiel total von der Seite. Die Kamera ist aber unbesetzt.
Der SDI OUT dieser Kamera geht jetzt in den SDI IN der URSA mini 1. Mit dem F1 oder PGM (Program) Taster an der URSA mini kann ich jetzt das Bild der anderen Kamera auf den Ausklappmonitor  und Sucher der URSA mini 1 holen.
Ich kann so kontrollieren ob beide Kameras gleich gematched sind und während des Interviews immer wieder mal das Bild der unbemannten Cam kontrollieren.
Das ist ein nettes Feature.

In Teil 3 wird endlich gedreht mit der URSA mini.