Überwindung der Erzfeindschaft

Manchmal mutet es an wie ein Religionskrieg.
Was ist denn nun besser? Arri oder Red? Canon oder Pansonic? Oder Sony versus Blackmagic?

Sony, das japanische Urgestein war in Europa lange Zeit fast ein Synonym für Broadcastkameras mit den Betacam SP BVWs 200-400 und der DigiBeta als Krone der bandaufzeichnenden Standard Definition TV Welt.
Und Film, der wurde damals noch auf Film gedreht. Video, das war irgendwie bäh, so wie Fernsehen überhaupt.

Sony Betacam SP
Sony Betacam SP – vorne BVW200, hinten oben DXC-D30 Kopf mit BVV5

Und dann kam 2005 RED mit der die Idee einer volldigitalen Kamera.
RED wurde in Deutschland zu Beginn ebenso niedergeschrieben wie Tesla. Und wie Tesla war die Technik doch nicht aufzuhalten und veränderte die Branche von Grund auf.
2007 kam die RED ONE auf den Markt. Der Gamechanger.

Arri, Sony, Panasonic gerieten ins Trudeln.
Canon präsentierte plötzlich Photoapparate mit denen man Filmen konnte. Dank des grossen Chips fing man Bilder im Cinelook ein.
Die Canon DSLR avancierte zum Liebling der Kreativen.
Eine Sony oder Panasonic waren plötzlich uncool.

Blackmagics Streich

Ganz neue Player erschienen auf der Bühne, darunter Blackmagic Design.
Bekannt war der Australier für seine Wandler und Capture Cards und jetzt präsentierte er 2012 eine “BMCC BlackMagic Cinema Camera” mit zunächst 2.5k Auflösung und kurz darauf die “BMPC BlackMagic Production Camera” mit 4k Sensor. Aufgezeichnet wurde auf SSDs.
Die Cams kamen zu einer Zeit, als HD noch nicht einmal den Markt durchdrungen hatte.

Blackmagic BMPC 4K beim Dreh mit extra Sucher

Aber das wirklich irrsinnige daran war der Preis.
Die Kameras hatten einen Canon Objektiv Mount, so dass ein Canon User schnell umsteigen konnte. Zudem war eine riesige Anzahl von bezahlbaren Canon Optiken bereits auf dem Markt.
2500€ kostete die nackte BMPC. Eine Kamera für so wenig Geld konnte nicht funktionieren. Da war man sich in Deutschland einig.
Tat sie aber. Auch wenn sie, nach meiner Meinung, hässlich wie die Nacht war, die Bilder waren fantastisch.

Sonys Glück

Sonys Glück war der Kauf von Konica-Minolta im Jahre 2006.

PDW 700
Sony PDW 700 FullHD Camcorder am ABC Kran

Die Japaner hatten zwar 2008 mit der PDW700 einen hervorragenden HD Schultercamcorder mit Disc-Aufzeichnung auf den Markt gebracht, aber zum einen kostete der Body alleine 22.000 € und die drehfertige Cam mindestens 40.000€ netto.
Zum anderen war die 700er für Broadcast konzipiert, mit kleinem Chip und CCD Technik und daher für alles kreative uncool, wie erwähnt.
Aber Dank des Einkaufs der DSLR Herstellers Konica Minolta und deren alpha 100 kam Sony an wichtiges KnowHow. Letztendlich führte dies mit zu den Sony Alpha Kameras.
2007 präsentierte Sony die alpha 700.
Richtig los ging es dann 2010 mit den NEX Kameras.

Sony NEX FS 100
Aufgepimpte Super-35 CMOS Chip HD Cam NEX FS 100

Zunächst waren das Fotoapparate, später kam dann Sonys erste NEX Filmkamera.
Die FS100 war keine schlechte Cam, konnte schon Slomo und wer die kaufte bekam eine NEX-3 inkl. SEL1855mm Optik geschenkt dazu.
Aufgezeichnet wurde aber in AVCHD, was die Broadcaster nicht wirklich lieben.

Canon can

Aber ausgerechnet Fotohersteller Canon war der neue Platzhirsch, mit seinen filmfähigen Spiegelreflexkameras und der 2011 eingeführten und über 10.000€ teuren EOS C300, einer handlichen Filmkamera die HD Qualität auf CF Speicherkarte bannte.
Sie verkaufte sich wie geschnitten Brot.
Denn schlauerweise hatte sich Canon den Sony XDCam 50MBit/s MPEG HD 422 Codec lizensiert und die Kamera passte damit nahtlos in den Produktionsablauf der schwerfälligen Rundfunkanstalten die in einem Kraftakt eben diesen Codec als IHREN Hausstandard verabschiedet hatten.
Zwei Ausnahmen gab es, den MDR und das ZDF, die nutzen Panasonic und deren P2 System (heute faktisch tot).
Canon schaffte es mit der C300 sogar in die Sony Festung des Bayerischen Rundfunks einzudringen.

NEX goes big

E-Mount, Super 35 CMOS, kurz die NEX Technik macht endlich große Fortschritte bei Sony. Nach der FS100 und der FS700 muss jetzt endlich etwas kommen für die Professionals.
Im Gerangel mit Canon machte Sony lange keine gute Figur.
Das Unternehmen präsentierte erst Ende 2014 mit der PXW FS7 endlich eine kompakte Schultercam.

Sonys Rettung – die FS7. Hier die 4K Mark II

Die FS7 war günstiger als die C300 und bot ein ausgefeiltes Kühlkonzept und neue moderne und günstige XQD Speichermedien.
Endlich etwas für die TV Schaffenden und die Cine Leute, und das noch von Sony. Das hatte keiner mehr erwartet.
Und sie schlug ein wie eine Bombe.
Heute ist die FS7 (mit FS5&FX9) eine der meistbenutzten Cams. In wenigen Tagen wird wohl eine sehr kompakte FS3 auf den Markt kommen.
“NEX” ist heute verschwunden. Die kompakten Kameras firmieren jetzt unter der Bezeichnung Sony Alpha 6×00.

Down under dreht alles

Wenn zwei sich streiten freut sich der Dritte.
Bei Gerangel zwischen Canon und Sony verlor ersterer immer mehr an Terrain.
Die FS7 verdrängte die C300 – die nachgeschobenen C500 und C700 konnten an den Erfolg nicht mehr anknüpfen. Und für Canon fast noch schlimmer, die Sony Alpha Fotoapparate gewannen immer mehr Neukunden gegenüber der EOS Serie von Canon.

Und dann kam Grant Petty.
Chef von Blackmagic und immer im Bild, wenn es gilt neue Modelle zu präsentieren. Das macht er nüchtern und fast schon bescheiden. Er ist kein Steve Jobs, aber er steht mindestens genauso hinter seinen Produkten.
Ich mag seine Präsentationen, weil er weiss was er da jeweils vorstellt. Da könnten sich viele deutsche CEOs ein Beispiel nehmen.

Blackmagic Ursa mini 4.6K – damit ging es richtig los.

Im Dezember 2015 war es soweit. Grant nuschelte von einer neuen Kamera und präsentierte mit der URSA mini 4k eine Super-35mm für 3500€.
Eine kompakte, schulter-taugliche Filmkamera mit 4k Auflösung und allen wichtigen Apple ProRES / Avid Codecs.
Und dann im März 2016 die URSA mini 4.6k mit 15 Blenden Dynamikumfang für nur 5500€.
Und der zusätzliche Hammer – die Cam war Netflix approved. Also für Netflix Produktionen zugelassen, da war BM schneller als ARRI.

Einer hört zu

Eines muss man Blackmagic lassen, sie scheinen den Kunden wirklich zuzuhören. Das hat Vor- und Nachteile.
Der Nachteil, als Käufer darf man nicht zu lange Produktlaufzeiten erwarten.
Der Vorteil, als Käufer hat man nicht zu lange Produktlaufzeiten zu befürchten.

Bereits 1 Jahr nach der Einführung der URSA mini 4.6K stellte Grant Petty dann auch die URSA mini PRO 4.6k auf den Tisch.

URSA mini PRO 4.6k – ProRES, AVID, BRAW

Mit ND Filtern und zahlreichen neuen Features, die, so Petty, von den Kunden gewünscht werden. Und er hatte so recht.
Die ist eine Traumkamera für szenisches Arbeiten.
Und BM legte noch eins drauf und präsentierte mit B-RAW einen neuen sehr leistungsfähigen RAW Codec für die URSAs.
Alles passt noch besser, arbeitet man mit Davinci Resolve der Schnitt- und Color Grading Software der Australier.
Blackmagic baut sich da eine schöne runde Welt zusammen.
Dazu gehören Mischer, Kameras, Monitore und funktionstüchtige Software. Das erinnert etwas an Apple. Aber im Gegensatz zu Apple mit wirklich sehr fairen Preisen auch für absolute Beginners. Die bekommen Davinci Resolve für lau und bereits für 1200Euro eine PB Pocket mit 4K Aufzeichnung.
Was kostete noch der Body einer DigiBeta? 80.000 DM (Deutsche Mark).
Was kostete der erste Avid?

Erzfeindschaft – was jetzt?

Ja kommen wir zum Titel zurück.
Für viele geht leider immer nur schwarz oder weiss.
Sie haben ihre persönliche Marke, der Rest ist bäh, unprofessionell, doof.
Ich kaufe mir immer eine Ausrüstung die zur aktuellen Zeit passt.

Das ist die PDW700 vor 12 Jahren, das sind die Blackmagic Cams, weil sie einfach schon früh 4K erschwinglich machten oder es ist ein DJI OSMO Gimbal, weil das vor wenigen Jahren eine unschlagbare Cam war um “herumzugimbaln”. Klein, leicht, 4K.

Den DJI OSMO nutze ich überhaupt nicht mehr.
An seine Stelle trat die Sony Alpha 6400 auf einem Ronin Gimbal. Besseres Bild, perfekter Autofokus, darum hier Sony.
Für szenisches Arbeiten ist mir die URSA mini Pro G1 noch immer die liebste Kamera. Sie produziert ein wunderschönes Bild bis 4.6k Auflösung und die Codec Vielfalt ist einfach herrlich. Darum hier Blackmagic.
Mittlerweile sehr gerne mag ich die OSMO Action, der GoPro Konkurrent von DJI. Die ist schnell irgendwo montiert und liefert in sehr guter Qualität ungewöhnliche Perspektiven. Darum hier DJI.
Und last but not least – die gute alte PDW700. Der Traktor unter den Cams. Unverwüstlich, groß, dank Zoomoptik schnell und immer 100% einsatzbereit.
Ein Meisterwerk, das leider nur HD 1080 25P/i kann und daher der Vergangenheit angehört. Aber für TV unverzichtbar. Daher hier Sony.

Also nutze die Vielfalt die es gibt und bediene dich.
Eine Marke einfach abzulehnen ist bescheuert. Alle haben ihre Vor- und Nachteile und über alle kursieren wilde Geschichten im Netz.
Freut euch über die Auswahl.

Irgendwann werde ich wohl die URSA mini Pro 12K kaufen, aber das eilt noch nicht.

Ich mixe gerne die Alphas 6500/6400 mit den Blackmagic URSAs , ist nicht immer ganz leicht, aber das ist eine andere Geschichte.

Candlelight shooting – URSA mini 4.6 K lowlight test

Flow my tears – fliesst meine Tränen.
So geht es einem manchmal, sieht man das Bild, das die ein oder andere Kamera in schwierigen Situationen liefert.
Dazu gehört sicher auch der Lowlight Bereich, schnell beginnen die Bilder unschön zu rauschen, grieselig zu werden.
Lange schon wollte ich die Lowlightfähigkeit der Blackmagic URSA mini 4.6K einmal testen, nicht clean, sondern unter Realbedingungen.
Gerne bei Dunkelheit mit natürlicher Beleuchtung, dazu zähle ich auch das Feuer.
In seiner kleinsten und kompaktesten Form auch als Kerzenlicht bekannt.
Jetzt ergab sich die Gelegenheit in einem Dachgeschoss eines ehemals landwirtschaftlichen Anwesens in Brandenburg.


Equipment

Viel Equipment war nicht vor Ort.
Zum einen war da, wie erwähnt, die Blackmagic URSA mini 4.6K, die die glücklose 4K nun endlich ersetzt.
No more Lines of Horror.

Kleine Anmerkung am Rande, die 4.6K ist um Längen besser als die günstigere 4K. Also wann immer noch Kleingeld da ist, bestellt die 4.6K.

IMG_0399

 

Dann war da noch ein Sachtler Caddy Stativ und ein Koffer mit Optiken von Walimex 85, 35, 24mm Optiken, Canon EF 24-105 USM und der Tokina Cinema ATX 11-18mm.
Die beiden letzteren kamen für den Dreh auf Grund der mangelnden Lichtstärke (Canon 1:4, Tokina 1:3) nicht in Frage.
Es war stockdunkel des Nachts im Dachgeschoss.
Die Walimex Festbrennweiten verfügen über Lichtstärken von 1:1,4 und 1:1,5 und ich hoffte, dass es reichen würde, denn 23 Teelichter, 2 lange Kerzen, ein 5 flammiger Leuchter und 6 rote Grablichter war alles, was vor Ort als Lichtquelle verfügbar war.

Leider stand uns zu Audioaufnahme nur ein Zoom H4 mit 2 Audiotechnika Richtmikros zur Verfügung, daher ist beim Ton um etwas Nachsicht gebeten. Eine direkte Aufnahme in die URSA brachte ebenfalls kein zufriedenstellendes Ergebnis – ein leichtes Rauschen war dann zu hören.
Aber aus Erfahrung kann ich sagen -> Mikro – Mischer – URSA mini bringt ein hervorragendes Ergebnis. Nur ein Mischer war eben nicht zur Hand.

Das ist nicht optimal bei einem Gitarrenstück, aber für mich hatte die Kerzenscheinaufnahme mit der URSA mini 4.6K Priorität, notfalls hätten wir es auch ohne Ton gemacht 😉

Zudem hatten wir nur einen engen Zeitslot, so dass wir nach dem Aufbau das Stück “Flow my tears” nur drei bis viermal würden spielen können. Letztendlich ergaben sich daraus drei sehr statische Einstellungen bei denen man aber in aller Ruhe die Bildqualität beurteilen kann.


Blackmagic URSA mini 4.6K EF

Aufnahmeformat war UHD 3840×2160 mit 25 fps und dem Codec ProRES 422 HQ.
50 fps hätten schon wieder mehr Licht verlangt. Der Shutter Angle blieb bei 180 Grad unverändert.
Die URSA lief bei dieser Aufnahme noch unter der Software Version 3.3 . Es wurde im “Video” Modus aufgezeichnet.
Die URSA mini verfügt über eine ISO 400/800/1600 Einstellung. Optimiert ist sie angeblich für ISO 800, daher wollte ich auch die Szene bei ISO 800 umsetzen.
Wegen der Kerzen als einzige Lichtquelle habe ich die Farbtemperatur an der Blackmagic auf 2500 Kelvin eingestellt.

 

URSA mini 46


Licht und Ton

Mit den Teelichtern haben wir eine gewisse Grundhelligkeit, einen Leuchtkreis um den Musiker geschaffen. Damit wird auch Tiefe erzeugt.
Die sechs roten Grablichter bringen im Hintergrund etwas Farbe ins Spiel und der 5-flammige Leuchter dient zur seitlichen Aufhellung von Gitarre und Spieler.
Der Gitarrist spielte vom Blatt. Zwei Kerzen beleuchteten die Notenblätter und diese wiederum dienten als Reflektor um Aufhellllicht auf den Musiker zu werfen.

Lichter
Was leider nicht möglich war, das war der Einsatz eines Spitzlichtes. Ich hätte gerne noch ein oder zwei Kerzenständer zur Hand gehabt um das Licht mehr vom Holzboden zu lösen.
Wie sich zeigte, waren die ISO 800 und eine komplett offene Blende den vorherrschenden Lichtverhältnissen gerade gewachsen. Das bestätigte auch ein Blick auf das Histogramm.
Die Belichtungsvorgabe lieferten die Kerzenflammen, denn die durften ja nicht ausbrennen, also überbelichtet sein. Der hohe Dynamikumfang der 4.6K von 15 Blenden kommt einem hier zu Gute.
Gespielt wurde auf einer Ibanez AF125 NT mit einem Benedetto B-6 Tonabnehmer über einen AER Compact 60 Amp. Der Ton dann über den Raum und zwei Audiotechnikas abgegriffen.
Die beiden Audiotechnikas gingen direkt in den ZOOM H4n.
Flow my tears von John Dowland ist ursprünglich ein Stück für Laute und Gesang. Es gibt auch eine Version von Sting, dem ex Police Sänger.

Der Dreh

Ich hatte an der URSA keinen Viewfinder montiert. Einzig der 5 Zoll Ausklappsucher diente zur Bildkontrolle. Um die Schärfe zu finden war einmal mehr die sehr gute Peaking Funktion der URSA mini ein nützlicher Helfer. Letztendlich war es im Raum so dunkel, dass man an der Kamera keine Taste erkennen, noch die Skalen an der Optik ablesen konnte.
Die nahe Einstellung an der Gitarre diente für den Schnitt als Audio- und Syncmaster.
Der Dreh war unkompliziert, das Bild auf dem Monitor schien in Ordnung. War es auch.

Der Clip liegt in YouTube – wichtig, es wurde KEINE Farbkorrektur oder sonstige Bearbeitung am Material durchgeführt.
Das Material kam von der CFast 2.0 Speicherkarte ins Final Cut X, dort wurde geschnitten und dann das Master als mp4 bei YouTube gehostet. Man sieht also das Bild, wie es die Kamera aufgenommen hat.
Das Bild ist in Wirklichkeit natürlich noch besser, da für YouTube ordentlich komprimiert wurde, von 16 GByte auf 0,6 GByte.


Der YT Clip ist maximal in UHD abrufbar.


Unterm Strich sieht das Material sehr gut aus. Kein unangenehmes Rauschen in den dunklen Bereichen.
Schade ist, dass der linke obere Bildbereich gar so dunkel ist – aber wo kein Licht ist, da kann nichts zu sehen sein.
Ich hätte mir einfach noch ein paar Dedos dazu gewünscht.
Aber so hatten wir jetzt ein Set mit 36 Kerzlein und kamen damit zu recht.

Vielen Dank noch einmal an Karl Epp für die Zeit, das Können und das Mitmachen.

fin

URSA mini 4K EF – eine Zwischenbilanz Teil 1 – Basics

Seit einiger Zeit gehört die URSA mini 4K mit EF Mount jetzt neben der Sony PDW700, der BMPC 4K und der Sony FS100 zu unserem Equipmentpool.
Im Teil 1 der Zwischenbilanz geht es um das Grundsätzliche rund um die URSA mini.

Blackmagic URSA mini 4K warum?

Es war pure Neugier und die sehr guten Erfahrungen mit der Blackmagic Production Camera BMPC 4K.
Und natürlich das Design – endlich eine Schultercam mit S35.
Ausserdem hat die BMPC 4K aus meiner Sicht zwei Nachteile.
BMPCRIG
Da ist zum einen die Bauform, die Kamera muss in ein Rig um alltagstauglich zu werden, der zweite und schwerwiegendere Nachteil ist die Audiosektion.
Die externen 6.3mm Klinke-Audioeingänge sind die besten nicht, selbst über Mischer ist immer ein leises Rauschen zu hören. Der Filter von FCPX bekommt das zwar gut raus, aber toll ist das trotzdem nicht.
Beides sollte die URSA mini beseitigen.

URSA mini – das ganze Paket lohnt

Wer die URSA mini nicht kennt, dem sei die Seite des Herstellers Blackmagic empfohlen.
Den Slogan: “Die leichteste handgehaltene Super-35-Digitalfilmkamera der Welt!” halte ich übrigens für einen der dümmsten seiner Art. Handgehalten?
Eine alltagstaugliche URSA mini besteht meiner Meinung nach aus vier Paketen.

Der URSA mini Body

Die eigentliche Kamera kommt bereits drehfertig zum Kunden. Im Paket ist der Body mit Ausklappsucher, ein Haltegriff und ein Netzteil zur Stromversorgung. Damit könnte man schon losdrehen, sofern man ein Verlängerungskabel, EF Mount Optiken und Speichermedien hat.
Mit im Lieferumfang ist ein USB Dongle für die Vollversion der Grading/Schnitt und Color Correction Software Resolve Studio.

Der URSA Viewfinder

ist sehr empfehlenswert, auch wenn er im Vergleich zum preisgünstigen Body sehr teuer erscheint. Aber nur für jene, die aus der DSLR Ecke kommen. Schaut euch einfach mal die Sucherpreise für eine PDW an.
Der URSA Viewfinder ist farbig, solide und hat eine ausgezeichnete HD Bildqualität.

URSA Viewfinder

Die Schärfe lässt sich damit sehr gut beurteilen. Infos zum Viewfinder gibt es als Bewegtbild hier.
Aber der URSA Viewfinder kann nur auf der URSA mini montiert werden, wenn…

das URSA Shoulder Kit

… mitbestellt wurde. Der Kit beinhaltet eine Schulterauflage mit Quick Lock Anschluss für Stativplatten, Arri Rosetten, Rod Aufnahmen, einen Tragegriff und einem Arm.

URSA mini Shoulder Kit

Und in jenem Tragegriff wird der Sucher befestigt.

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Eigentlich ist die Kamera mit Shoulder Kit und Viewfinder fast komplett. Wer aber auch mal ohne Netzteil drehen will, also jeder, der braucht noch ein

URSA Battery Plate.

Ich empfehle die von Blackmagic gelieferte Platte für den Betrieb mit V-Mount Akkus.
Blackmagic_URSACamera_V-LockBatteryPlate_LeftAngle_rgb

Warum? Weil einfach schon der richtige Anschlusstecker zur URSA montiert ist. Schrauben und Dichtgummi passen auch perfekt und so ist die Montage in 5 min erledigt.

Die URSA mini 4K drehfertig

könnte dann so aussehen:
URSA mini Set machdas

Damit ist die URSA auch optisch eine sehr schöne Kamera.
Das Auge dreht ja bekanntlich mit.



Medien für Medienleute.

Wer die Aufnahmen der URSA mini speichern möchte, der braucht natürlich ein Medium.
Blackmagic setzt hier auf die leider immer noch sehr teuren CFast 2.0 Karten.
Die sind damit auch kein Medium, das man dem Redakteur oder Autor einfach so mitgibt.

Der Einsatz von CFast 2.0 Karten macht aber durchaus Sinn, da die URSA mini fast alle ProRes Codecs, selbst ProRes444HQ, und dazu 2 RAW Codecs beherrscht.
Und diese Codecs sorgen für einen ordentlichen Datendurchsatz.
CinemaDNG RAW schickt in 4K bei 30 Bildern/s immerhin 265 Megabyte (Byte, nicht Bit) pro Sekunde zur Karte.
Bei Apple ProRes422, dem Brot und Butter Codec, sind es in UHD 123 MegaByte/s bei einem Dreh mit 50 fps (frames per second), das sind fast 2.5 MegaByte pro Einzelbild.
(Einmal ein kurzer Exkurs zur beliebten PDW700, die zeichnet HD 422 bei 25 Bildern/Sekunde mit 50 MBit/s auf – das sind 0.25 MByte/s pro Einzelbild.)

Damit gehen auf eine 256GByte CFast2.0 Karte in ProRes422/50fps ca. 33 Minuten buntes Bewegtbild.
Blackmagic führt dazu im Web eine Liste mit geeigneten CFast 2.0 Karten für die URSA mini.
Vorneweg, es sind allzu nicht viele und die maximale Grösse liegt derzeit bei 256 GB.

Was nutzen wir? Transcend CFast 2.0 CFX 650
Warum? Preis Leistung – beim Alternate.de gibt es die 256er für 300€ netto (Stand Juni 16)
Läuft? Läuft.

Empfehlenswert ist das Transcend CFast Lesegerät mit USB 3.0.
Wer einen neueren Mac mit USB 3.0 sein eigenen nennt für den gilt Finger weg vom D-Lock C-Fast Reader mit USB 3.0, der wird am Mac nicht erkannt.

Die Codecs

sind mit ein Grund, warum die URSA mini so interessant ist.
Blackmagic setzt wie ARRI, RED, Atomos oder AJA auf die von Apple entwickelten ProRes Codecs.
ProRes ist einfach der Industriestandard, jedes professionelle Schnittsystem kann damit umgehen und es ist Hersteller übergreifend.
Ich habe die Nase voll von den eigenen Codecsüppchen von Sony und Panasonic. Dieses künstliche Kastrieren der Cams, wie es die Japaner wieder bei der FS7/FS5 vorgeführt haben. Die FS5 zeichnet intern nur in 4:2:0 auf, damit die, die mehr als Hochzeitsfilm machen die FS7 kaufen, die kann 4:2:2. Das nervt.

Vorher im Text, bei den Speichermedien wurde es ja schon angerissen, je besser, also verlustfreier der Codec arbeitet, desto mehr Platz braucht er.
Wie erwähnt bietet die URSA mini den gleichen ProRes Codec Umfang wie die ARRI Amira/Alexa.
Jeder der sein Material ins Grading schickt sollte ein Augenmerk auf die Codecs haben, die seine Wunschkamera bietet. 4:2:0 (FS5) ist wirklich nicht mehr Zeitgemäss und eine Frechheit dem Kunden gegenüber.

Die Haptik

Also wie fühlt sich die Mühle an? Sehr gut.
Ich hatte eine Sony FS7 nur einmal in der Hand, bei einem HandsOn eines Münchener Händlers. Nette Kamera, aber dieses Plastikgehäuse gefiel mir nicht wirklich.
Das URSA mini Gehäuse ist aus einer Magnesiumlegierung gefertigt. Es fühlt sich wirklich gut an, selbiges gilt für den Sucher und das Shoulder Kit. Es wirkt auch sehr robust, was im Alltag nicht schaden kann.
Die Kamera ist kein Leichtgewicht, aber mit 2,3 Kilo (Body) auch nicht zu schwer.

cfast slots

Ungewohnt ist die fehlende Abdeckung der Speicherkartenslots.
Wenn beide Karten darin sind, kein Problem, aber ist die Kamera nur mit einer Karte bestückt, dann bleibt das ungute Gefühl, dass eventuell Schmutz eindringen könnte.
Ausserdem sind die Karten nicht ganz billig – da wäre eine kleine Plastikabdeckung ganz sinnvoll.
Für den Schulterbetrieb kommt der Handgriff zum Einsatz.
Die Kamera ist samt Optik sehr kompakt.

Der Ausklappmonitor

ist sehr gut von der Detailschärfe her.
Schon der Monitor bei der BMPC4K war von der Schärfe faszinierend. Bei der URSA mini hat er die volle HD Auflösung von 1920×1080 Pixeln.
Der Monitor lässt sich um 90 Grad ausklappen und um 90 Grad nach oben und unten schwenken. Das könnte mehr sein. Schön wäre es auch, ließe sich der Monitor um 180 Grad schwenken und mit dem Display nach aussen flächig wieder einklappen.
Der Monitor ist die Bedienzentrale der URSA mini. Alle Einstellungen werden über Softwaremenus vorgenommen. Dinge wie Gainschalter oder Line/Mic Switche sucht man am Body vergebens. Alleine zwei Lautstärke IN Regler sind vorhanden.
Fällt der Monitor aus, fällt die URSA aus.

monitor5zoll

Setzt man die URSA mini 4K nur im Studio ein, dann reicht dieser Monitor aus.
Für Aussendrehs braucht es aber dann einen Augensucher wie den URSA Viewfinder oder den Zacuto Gratical HD.
Ich empfehle aber den URSA Viewfinder, dann passt zusammen was zusammen gehört.
Gleiches auch beim Sucher, der lässt sich zwar nach oben und unten klappen, aber auch nur um 90 Grad. Etwas mehr, so um die 120 Grad wäre besser.

Hört auf die Signale

Anschlüsse für Video und Audiosignale besitzt die URSA mini zur Genüge – inkl. 12 GBit SDI. Und endlich auch vernünftige Toneingänge – sprich XLR. Ich finde allerdings die Lage oben auf der Cam gewöhnungsbedürftig. Beim Anschluss eines Mischers samt Assistenten mit Eigenleben kann da ein unguter Zug nach unten entstehen.

Connect

Ausserdem sind die XLR Buchsen etwas hackelig, das heisst ein XLR Stecker geht gut rein, mag aber nicht so elegant wieder heraus.
Die Eingänge können von Line auf Mic umgeschalten werden und eine Phantomspeisung ist ebenfalls wählbar. Aber nicht einzeln für die Eingänge.
Sehr clever ist der SDI in – warum? Dazu in Teil 2.

Handgriff

Noch ein paar Worte zu dem der URSA beiliegenden Handgriff.
Dank ARRI Rosettenanschluss kann der vielfältig montiert werden.
Der Griff fasst sich gut an und wird über ein mitgeliefertes Kabel mit dem Lanc Anschluss der Kamera verbunden. Damit sind der Blende/Schärfe und Record Button auf dem Griff aktiv. Blende und Schärfe Button machen allerdings nur bei Verwendung entsprechender Objektive Sinn.
Dem hier gezeigten Walimex 35mm ist das herzlich wurscht. Es ist ein komplett analoges Objektiv.
Verwendet man allerdings moderne Canon Fotooptiken wie das Canon EF 24-105 USM, dann bringt das durchaus etwas. Über den Focus Button wird dann zum Beispiel der Autofocus aufgerufen.


In Verbindung mit dem Arm aus dem Shoulder Kit wird so auch eine feine Schulterkamera aus der Blackmagic URSA mini.

Firmware Update

Die URSA mini ist wie alle modernen Kameras eigentlich ein filmender Computer.
Das hat Vor- und Nachteile. Wie jeder Computer muss die URSA mini booten, also ihr Betriebssystem (Firmware) laden, das dauert, wenn auch nur 3-4 Sekunden.
Zu den Vorteilen gehört die Flexibilität. So wurde der ProRes444HQ Codec beim Firmwareupdate auf die Version 3.2 nachinstalliert.
Gibt es eine neue Firmware, stellt diese Blackmagic immer als ein “Blackmagic Camera Update” getauftes Programm ins Netz.
firmware
Einfach das Programm herunterladen, die URSA via USB mit dem PC verbinden, Programm starten und der Rest passiert automatisch. Gleiches gilt für den Viewfinder, auch dieser besitzt einen USB Port über den die Softwareupdates eingespielt werden können.
Die Käufer wünschten sich zum Beispiel, dass man das Tally (Rotlicht bei Aufnahme) dauerhaft abschalten kann. Mit dem Update zur 3.2er Version ist dies jetzt im Menu des Viewfinders möglich.
Das “Blackmagic Camera Update” Programm gilt übrigens immer für alle BM Kameras und Viewfinder.

Soweit Teil1 der Blackmagic URSA mini Zwischenbilanz.
In Teil 2 geht es darum, die Mühle drehfertig zu bekommen.
Und die Frage zu klären, taugt die schwarze Magie auch für den EB Einsatz?

Fazit – wer mit der URSA mini liebäugelt, der sollte unbedingt auch den URSA Viewfinder, das Battery Plate und das Shoulder Kit mit auf die Bestellliste setzen.
Zumindest wenn er damit ausserhalb eines Studios unterwegs ist.
In der aktuellen Zusammenstellung wirkt die kleine URSA richtig erwachen.
Warum die Blackmagic URSA mini 4K EF aber nur bedingt als EB Mühle taugt, dazu mehr in Teil 2.

Die “immer dabei” RAW Kamera…

…gibt es schon länger.
Es ist die HD Kamera BMPCC – Blackmagic Pocket Cinema Camera.
Da diese beim Online Händler Redcoon neulich für günstige 500 € netto angeboten wurde war es nur ein Klick um den Eigentümerwechsel einzuleiten.
Dank einem Pistolengriff kann man aus der BMPCC eine kleine handliche Kamera machen – fast wie eine Super8 damals. Kompakt, schnell einsetzbar und mit sehr guter Bildqualität dank ProRes Codec, so die Idee.

Super 8 Kamera - wunderbar kompakt
Vorbild alte Super 8 Kamera – wunderbar kompakt und robust.

Wer die anderen Blackmagic Cams kennt, der kommt sofort damit zurecht.
Die BMPCC zeichnet auf SD-HD und SD-XC Karten auf, die sind auch in den schnellen Versionen günstig und eigentlich überall zu bekommen.

In HD 25P Apple ProRes 422 gehen etwa 15 Minuten auf eine 16 GByte Karte.
Daneben unterstützt die BMPCC noch Apple ProResHQ/LT und RAW.
Letzteres braucht natürlich ordenlich Spreicherplatz.
Leider hat die kleine Mühle einen MFT (Micro four third) Mount. Panasonic brachte MFT mit den Lumix Kameras erfolgreich auf den Markt.
Alle Objektive, die an der GH-Serie passen, lassen sich damit auch an der Blackmagic BMPCC verwenden.

bmpcc
BMPCC Set – damit wird die Cam zur Super 8 lokalike

Blöd nur, dass bei uns nur CF-, B- und E-Mount Optiken im Schrank stehen. Ein Adapter CF auf MFT hilft nur bedingt, da der Chip in der BMPCC 16mm hat, während bei den anderen Cams wie der C300, BMCC, FS7 oder FS100 ein Super 35 mm im Gehäuse steckt.
Damit verliert man durch die Adaption ordentlich Brennweite, etwa um den Faktor 2.
Also gebrauchte MFT LUMIX Vario 14-42 Optik bei ebay gekauft (99€), dazu einen Akkulader mit 2 Ersatzakkus und Autoadapter (25 €). Flotte SD Karten sind genug im Hause und den Pistolengriff samt Kabel gibt es unter anderem bei enjoyyourcamera.

Das Display der BMPCC ist scharf und eigenlich gut ablesbar, aber besser wäre ja noch ein Viewfinder. Das hilft auch bei der Stabilisierung, wobei die LUMIX Vario Optik einen sehr guten Antiwackler eingebaut hat.

Den passenden Viewfinder gibt es von Zacuto z.B. bei videodata für 160 €.
Um ihn zu montieren wird auf die Rückseite der BMPCC ein (2x) mitgelieferter, kleiner Platikrahmen geklebt, in den schnappt der Finder ein.
Das geht wunderbar.
Was mit ganz und gar nicht gefällt ist die Lösung der unterschiedlichen Sehstärken. Dem Paket liegen Linsen mit 1-3 Diptrien bei. Man muss den Finder aufschrauben, die Linse einlegen, zuschrauben und schauen ob es passt. Eine Feinjustierung gibt es nicht. Das ist nicht nur doof, sondern wenig professionell.
Aber es geht.

Am Ende hat man eine gute kompakte Kamera, die in einem wirklich kompakten, kleinen Koffer Platz hat und so im Auto immer dabei sein kann.
Dank dem MFT/CF Adapter können auch unsere vorhandenen, qualitativ hochwertigeren Prime Optiken verwendet werden.
Die Brennweitenänderungen sind natürlich zu berücksichtigen.

Anmerkung 01.05.2015
Der Zacuto Sucher mit seiner Diptrienlösung ist irgendwie Mist. Alternativ gibt es einen günstigen Chinasucher, ich kann mir nicht vorstellen, dass der schlechter ist, oder einen F&V Spectra HD4 bzw Cineroid HDMI EVF verwenden.