EIN Film, sie zu knechten…. (Teil 1)

“Dank der Smartphones ist Film zum allgegenwärtigsten Medium geworden. Produzenten und Anbieter befinden sich im Wettbewerb um Zeit und Aufmerksamkeit.” 

Vom Filmpalast zum FilmToGo.

Es ist keine zehn Jahre her, da war ein eigener Film noch etwas besonderes.
Das Publikum sass im Kino, am PC oder im Wohnzimmer. Das Film schauen war ein bewusster Akt.
Heute wird ein Grossteil der Filme nebenbei konsumiert. Wir haben das Kino in der Hosentasche, schauen wenn wir Lust haben. Entsprechend steigt das Angebot an Bewegtbildmaterial, von kurzen Clips bis hin zu mehrstündigen Produktionen.

Und noch etwas kam dazu, das Digital Sharing hat die Mundpropaganda ersetzt.
Dank dem Teilen der Links und Clips werden permanent weitere Zuseher generiert.

Viel zu zögerlich erkennen Unternehmen dieses Potential.

Das liegt mitunter an den betreuenden Agenturen, die gerne weiter Print/Web verkaufen, ein Geschäft von dem sie etwas verstehen. Gepaart mit einem veraltetem Denken was den Einsatz von Bewegtbild betrifft.
Und die Grundfrage ist dann in solchen Konstellationen zu oft…

…wie lange darf ein Film sein?

Kurz muss er sein. Maximal 30 Sekunden, sagen wir 60. Aber dann schaut keiner mehr zu. Dann sind die Leute weg.
Ich frage mich immer, wer diesen Blödsinn in die Welt gesetzt hat?
Dabei gilt: Wenn man nichts zu sagen hat, dann sind selbst 30 Sekunden viel zu lang, denn…

…wir erleben den Wandel vom Passiv- zum Aktivseher.

Das klassische TV ist eine Berieselungsmaschine, die einer linearen Abfolge unterworfen ist und allen gerecht werden muss. Dieses Model verliert rasant an Bedeutung.
Je jünger die Leute, desto tot ist es. Selbst die Mediatheken können das nicht aufhalten.
Es ist doch auch Irrsinn, etwas teuer zu produzieren um es dann nur einmal zu zeigen.
Früher war das technisch nicht anders möglich, aber früher fanden wir auch Höhlen heimelig.

Das Internet mit Plattformen wie YouTube, vimeo und den sozialen Medien bietet Content rund um die Uhr verfügbar an.
Weltweit.


Der grosse Unterschied: Der Weg zum Clip ist ein aktiver oder ein empfohlener.
Der Zuschauer sucht aktiv über Google, Bing & Co oder direkt beim Socialmedia-Anbieter nach Themen.
Dienste wie Facebook analysieren die User und platzieren erfolgversprechende Clips in deren Timeline.
Er oder sie will Heavy Machines sehen, interessiert sich für Beauty Tips, hat ein zu lösendes Problem oder sucht Dokus zu speziellen Themen aktiv im Web.

Und dieser Zuschauer entscheidet sehr schnell wie lange er dem Film treu bleibt.
Wenn kein adäquater Inhalt geboten wird braucht es keine 30 Sekunden und klick und weg. Die Alternativen sind einfach zu vielfältig und das Leben zu kurz.
Das Fernsehen verhält sich zu den neuen Medien wie die Betriebskantine zum Restaurant “Weltweite Spezialitäten”.

Das kleinste gemeinsame Vielfache.

Lange Zeit wurde von einem kleinen professionellen Kreis alles Bewegtbildprogramm gemacht.
Es gab eigentlich nur drei vordefinierte Kanäle und Zeiträume für nicht Fernsehmacher um Bewegtbild unters Volk zu bringen:
– TV-Werbung (zeitlich begrenzt)
– Kinowerbung (zeitlich begrenzt)
– Präsentationsraum im Unternehmen
und das war es.
Später kam noch der Laptop hinzu auf dem Filme beim Kunden vorgeführt werden konnten.

Dank erschwinglicher Technik und Internet ist eine Welt entstanden in der jeder sein eigener Produzent & Sender sein kann.
Dazu kommen Unbedarftheit und Mut, kombiniert mit dem Willen “was zu machen”.
Und ehrlich, was wären wir ohne die unzähligen Tutorials, Dokus, Produktvorstellungen, Reiseberichte, Kurzfilme die uns die Kreativen via Web bieten?
Fragen Sie in Ihrem Bekanntenkreis, wer nicht schon alles sinnvolles, unterhaltendes oder hilfreiches bei YouTube und Co gefunden hat.
Auf was würden Sie eher verzichten: Das klassische TV oder das Internet mit den neuen Medien?

Der Status Quo.

Viele Unternehmen wünschen sich einen Film. Da wird Geld locker gemacht und dann eine Agentur beauftragt.
Manche fragen ihre Print- oder Webagentur – was ich persönlich für einen grossen Fehler halte.
Herauskommen soll oft der EINE Film, der für alles funktionieren muss.
Werbung, Nachwuchsgewinnung, Präsentation, Problemlösung, Kundengewinnung, Aussendienst, Schulung, Messe, Web, Facebook etc..
EIN Film sie zu knechten und zu langweilen, vom Enkel bis zur Oma. Die alte Denke eben.

Warum soll bei einem Film funktionieren was sonst nie funktioniert?

Wir leben von der auf Zielgruppen ausgerichteten Produktvielfalt. Das beste Beispiel ist die Autoindustrie. Wieviele Modellvarianten hat alleine BMW?

Es geht mehr.

Der Film transportiert Informationen vom Sender zum Empfänger wie es kein anderes Medium kann.
Die Art der Information und die Art und Weise der Aufbereitung richtet sich nach den Bedürfnissen des Empfängers.
Und aus meiner Sicht nur danach.
Suchen Sie sich als Auftraggeber einen Filmemacher, der die Zuschauer im Fokus hat, nicht Sie. Das ist nicht immer leicht zu vermitteln, aber:

Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

Ein Unternehmen oder eine Institution sollte sicherlich gewisse Moden nicht ausser acht lassen, aber viel wichtiger ist doch diese drei Grundfragen zu beantworten:

  1. W A S  will ich mit meinem Film primär erreichen?
  2. “W E N  will ich mit meinem Film primär erreichen?”
  3. “W O  wird der Film gezeigt?”

Darüber wird viel zu wenig nachgedacht. Da muss dann nebenbei noch Huber, Maier, Müller in den Film, die neue Zentrale und jede Abteilung.
Damit jeder irgendwas findet was ihn interessiert. Nur es sucht keiner danach. Ergo schaut keiner.

Wie es gehen kann kommt in Teil2 “EIN Film, sie zu knechten…”